Konduktive Förderung auf den ersten Blick
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Die Grundlagen der Konduktiven Förderung (KF) wurden von dem ungarischen Neurologen und Pädagogen András Petö in den 40er Jahren geschaffen. Er hat in Ungarn ein komplexes Fördersystem entwickelt, das von der Geburt an bis ins Erwachsenenalter angewandt wird. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch als Persönlichkeit und nicht die Behinderung:
„Lasst doch die gelähmten Muskeln – beschäftigt euch mit der gesamten Persönlichkeit. […] Nehmt meine Methode und entwickelt sie weiter. Die Kinder zeigen euch wie.“ (A. Petö)
In den folgenden Jahrzehnten hat sich die Konduktive Förderung immer weiter entwickelt und wurde an die Betroffenen und die sich ständig veränderten Anforderungen durch die zum Teil komplexer werdenden Behinderungen angepasst.
Im Mittelpunkt der Konduktiven Förderung steht das Kind. Um das Kind herum, seine Umwelt, wobei alle Umwelteinflüsse berücksichtigt werden.
Die Konduktive Förderung observiert sehr genau, um die kognitiven, emotionalen, motorischen Fähigkeiten des Kindes zu fördern und Ressourcen zu erkennen und zu nutzen.
Die behinderungsspezifische Therapie, die altersgemäße Bildung und Erziehung bilden eine Einheit, die nicht zu trennen ist. Prof. Petö ist davon ausgegangen, dass vorliegende Dysfunktionen nur Lernstörungen sind, da der Lern- und Adaptionsprozess gestört ist. Durch einen aktiven Lernprozess und Selbststeuerung
können neue Koordinationen im Nervensystem entstehen und gesunde Bereiche des
Gehirns übernehmen funktionsgestörte Bereiche.Die Eigenständigkeit wird durch eine ganzheitliche Arbeitsweise gefördert und so werden Emotionen, Erfahrung und Motivation vereint. [TATLOW 1990]
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- Stärkung des Selbstbewusstseins und der gesamten Persönlichkeit
- Größtmögliche Aktivität
- Erwerb motorischer Grundfertigkeiten (z.B. Greifen, Robben, Krabbeln Sitzen, Stehen, Laufen) sowie Förderung der Wahrnehmung
- Auf- und Ausbau intellektueller und kommunikativer Fähigkeiten (z.B. Sprache, Gruppenfähigkeit)
- Erreichen größtmöglicher Selbständigkeit im alltäglichen Handel (z. B. Essen, An- und Ausziehen, Sauberkeit)
- Ständige Zusammenarbeit und Anleitung der Eltern/ Familie/ Betreuer für den Umgang im Alltag (z.B. selbständiges Essen)
- Höhere Belastbarkeit und dadurch Integration ins alltägliche Leben
- Unterstützung der Eltern oder Teilnehmer bei sozialrechtlichen Fragen oder Widersprüchen oder bei Integrationsfragen in Kindergarten, Schule und Beruf
Welche besonderen Zielsetzungen werden im Erwachsenenbereich angestrebt?
- Stärkung des Selbstbewusstseins und Steigerung des Wohlbefindens
- Schulung des Gleichgewichts
- Schulung der feinmotorischen Fähigkeiten
- Reduzierung der Spastizität
- Wiedereingliederung in Familie und ins Berufsleben
- Ggf. Reduzierung der Medikamentendosis
- Ggf. Reduzieren der Schübe
- Wiederausübung von Hobbies
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Für wen ist die KF?
Die KF ist für Kinder und Erwachsene mit einer Hirn- und Nervenverletzung geeignet. Dabei wird das gesamte Spektrum der Symptomatik (Spastik, Ataxie, Athetose, Hypotonie, Spina bifida oder bei Zustand nach Unfällen und bei Erwachsenen: MS, Parkinson, Schlaganfall oder ebenso nach Unfällen), auch in Kombination und unterschiedlichsten Ausprägungen, erfasst.
Ab welchem Alter?
Die KF wird in Ungarn von der Geburt an eingesetzt, dann vor allem zur Anleitung und Beratung der Eltern. In Deutschland wird so bald wie möglich mit der frühen Förderung, neben Elternschulung, auch mit der Arbeit in Gruppen begonnen.
Welche Aufnahmekriterien gelten für Kinder und Erwachsene?
Ab der Geburt gilt allein die Diagnose „Cerebralparese“ als Eignung.
Ab Kindergartenalter muss eine Kontaktaufnahme möglich sein, die Kinder müssen einfache Aufforderungen verstehen können und körperlich ausreichend belastbar sein. Das „Sehen“ darf (auch sehr stark) eingeschränkt sein. Es ist nicht notwendig, dass sie über eine aktive Sprache verfügen.
Im Erwachsenenalter ist der eigene Antrieb, Ziele für sich zu erreichen, eine grundlegende Vorraussetzung.